Helmut Augustiniak |
Die Urkunde ist gefälscht |
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Die frühere und die spätere Urkunde |
Ketzin könnte in diesem Jahr
sein 825-jähriges Bestehen feiern - wenn es nicht große Zweifel an
einer Schenkung im Jahre 1187 gäbe. Im Vorwort der Broschüre zur 800 Jahrfeier der Stadt Ketzin schreibt der damalige Bürgermeister Richard Werger, dass Ketzin urkundlich zwar das erste Mal 1197 erwähnt wurde, es aber erwiesen sei, dass der Ort schon ein viel älteres Siedlungsgebiet ist. Der letzte Teil dieser Aussage stimmt. Die Frage der Ersterwähnung sollte doch näher untersucht werden. Schon im Artikel „Aus den Urkunden zur Geschichte der Stadt Ketzin“ von Fritz Hummel im „Ketziner Anzeiger“ vom 09. August 1934 wird darauf hingewiesen, dass Markgraf Otto II., ein Enkel Albrecht des Bären, in einer Schenkungsurkunde von 1187 dem Domkapitel Brandenburg umfangreiche Besitztümer überschreibt. Vom Lateinischen übersetzt lautet der Text folgendermaßen: „Otto II., Markgraf von Brandenburg, will die Bischofskirche St. Petri, …, fördern und dem Mangel des Probstes und der Domherren, die in dieser Kirche nach der Augustinerregel dienen, abhelfen. Deshalb schenkt er ihnen zur Vergrößerung ihres Versorgungsgutes und damit der Götzendienst weiter ausgerottet wird, den See Zummel, … ; ferner die Oberhavel von der Ketziner Havel von der Bisebusch genannten Stelle bei Ketzin bis zu der Feuerstätte genannten Stelle. Anschließend folgt die Aufzählung aller damit verbundenen Recht, einschließlich der Gerichtsbarkeit. Es handelt sich hier also um die erste schriftliche Erwähnung von Ketzin. Und das 10 Jahre vor dem offiziellen Nennen des Namens im Jahre 1197. Die eindeutige Erwähnung von Ketzin in dieser Urkunde beweist, dass Ketzin in diesem Jahr sein 825. Gründungsjubiläum feiern könnte. Die Urkunde, die für die Ortsgründung herangezogen wird, wurde 10 Jahre später, am 28. Mai 1197, ausgefertigt. Auf Bitten Heinrichs, Probst und Archidiakon von Brandenburg, schenkt der Markgraf dem Domkapitel folgendes: „In der Hoffnung auf göttlichen Lohn die Kirche von Ketzin mit dem Zubehör von zwei Hufen in den Äckern des Dorfes Knoblauch und drei Höfen, die der Pfarrer Dietrich nach dem Zeugnis der Dorfbewohner von Laien gekauft und zu einem Hof gemacht hatte, sowie allen markgräflichen Rechten über die Kirche in Ketzin und mit der zu dieser Mutterkirche gehörenden Kapelle Knoblauch. Der Bischof von Brandenburg fügt die Seelsorge und ein Drittel des Zehnten der Kirche Ketzin und der zu ihr gehörenden Dörfer Knoblauch, Paretz, des anderen slawischen Dorfes Paretz und Stolp hinzu“. Die Entscheidung, welche Urkunde in welchem Jahr wirklich angefertigt wurde, ist nur durch eingehende wissenschaftliche Untersuchungen zu treffen. Mit den Urkunden der Askanier beschäftigte sich der Historiker Hermann Krabbo (1875 – 1928). Er hielt an der Leipziger Universität Anfang des 20. Jahrhunderts Vorlesungen zur Urkundenlehre. Gerade im Mittelalter wurden zahlreiche Urkunden gefälscht, um sich Gerichtsrechte und Besitzungen zu sichern. Krabbos Untersuchungen zu den für Ketzin wichtigen Urkunden, führten zu interessanten Ergebnissen. Die Urkunde von 1187 ist eine Fälschung. Die Urkunde weist eine Schrift des 14. Jahrhunderts auf, das an einer Hanfschnur hängende Siegel ist in einer viel zu kleinen Blechkapsel ungeschickt hineingegossen.Wahrscheinlich ist es ein Abguss eines echten Siegels. Sie wurde in Wirklichkeit im Jahre 1381 angefertigt. Sollte es eine Urkunde von 1187 gegeben haben, ist sie bis jetzt noch nicht aufgefunden. 1381 wurden in der neu angefertigten Urkunde Zutaten eingefügt, darunter auch die Schenkung von Teilen der Ketziner Havel, die in vorher gehenden Urkunden nicht enthalten waren. Zweck der Fälschung ist, die Verleihung von höherem und niederem Gericht auf den Havelteilen und das Recht, den Havellauf in der Stadt Brandenburg zu verlegen. Auch an der Echtheit der Urkunde von 1197, die als Anfangspunkt für die Berechnung des Alters von Ketzin/Havel herangezogen wird, hat Hermann Krabbo erhebliche Bedenken. Sie ist auf dem Pergament einer ausradierten echten Urkunde Otto II. geschrieben. Da das Siegel am Pergamentstreifen aber echt ist, wird die Urkunde als echt eingestuft. Es ist natürlich schwer nach Hunderten von Jahren die Echtheit von Urkunden zu bewerten. Wenn auch manche Rechte der belehnten Institutionen heute keine Bedeutung mehr haben, zahlreiche Eigentumsansprüche fußen aber noch auf diesen Schriftstücken. |
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