Helmut Augustiniak
"Ich bin sehr empfänglich für weibliche Anmut"

Preußenkönig Friedrich Wilhelm III. – seine Frauen und Liebschaften nach dem Tod der Königin Luise

Mit der Thronbesteigung Friedrich Wilhelms III. trat ein Umschwung im höfischen Leben ein, wie er in der preußischen Geschichte kaum wieder erlebt wurde. Auf die Mätressenwirtschaft Friedrich Wilhelms II. (J. G. Schadow urteilte über das Treiben bei Hofe: „Ganz Potsdam war wie ein Bordell… Frauen und Töchter bot man um die Wette an,die größten Adligen waren am eifrigsten.“) folgte die musterhafteste Ehe, wie sie auf einem Thron vielleicht nie gesehen wurde. Auf das vorhergehende kostspielige Hofleben seines Vorgängers folgte unter dem fünften preußischen König ein fast bürgerlicher Haushalt.
Ausdruck der einfachen Hofhaltung war auch der Bau und das Leben im Schloss Paretz. Hier verbrachte das Königspaar Friedrich Wilhelm III. und seine Gemahlin Luise, eine geborene Prinzessin von Mecklenburg–Strelitz ihre glücklichsten Stunden. 
Zwei Monate vor ihrem Tod in Hohenzieritz weilte Luise zum letzten Mal in Paretz. Sie verließ den Park durch eine Parktür an der Landstraße, die von Ketzin/Havel nach Uetz führte, und ahnte wohl ihren Tod voraus. Der König ließ an der Stelle, wo sie den Park verließ, eine gusseiserne gotische Pforte errichten. Heute sind davon noch die Fundamente zu sehen.

Einige Zeit nach dem Tod der Königin Luise bemerkte die preußische Hofgesellschaft, dass sich der König wieder mit Heiratsabsichten trug. In diesbezüglichen Absichten wurde er von seinen engsten Beratern bestärkt. Auch eine Heirat zur linken Hand wurde befürwortet. Sie sei auch für seine Gesundheit gut, urteilten die Ärzte. Gewohnt war man, dass der König ständig kleinen hübschen unbedeutenden Mädchen den Hof machte. Er bekannte in seinen „ Eigenhändigen Aufzeichnungen vom Leben und Sterben der Königin Luise“: „Ich bin jederzeit sehr empfänglich für weibliche Anmut und Reize gewesen, sodass ich selten ein hübsches und reizendes Frauenzimmer unbemerkt vorübergehen lasse. Grundsätze und Schamhaftigkeit haben allerdings sehr vielen Teil daran, dass es nicht weiter gekommen ist.“
Es zeigt sich also, dass der Witwer die Gene seines Vaters geerbt hatte und ohne den Reiz weiblicher Jugend und Schönheit nicht leben konnte. Schon vier Jahre nach dem Tod der Königin Luise verliebte sich der König auf dem Wiener Kongress in eine junge österreichische Gräfin. Trotz seiner Unbeholfenheit bei der Werbung um Frauen machte er die schöne Gräfin Julie Zichy dem russischen Zaren Alexander und dem österreichische Staatskanzler Metternich abspenstig. Wie österreichische Polizeiberichte an den Vizepräsidenten der Polizeihofstelle in Wien aussagten, benahm sich Friedrich Wilhelm III. wie ein verliebter Zwanzigjähriger. Am 9. Januar 1815 z. B. berichtete die Polizei: „Auf dem Balle bei Stackelberg saß der König von Preußen zwei Stunden lang neben der Gräfin Julie Zichy, in anbetender Betrachtung versunken.“ Bis zur Abreise der Familie Zichy lebte der König ganz in deren Familie. „Über diese Beharrlichkeit machen die guten Wiener ihre Witze“, berichtete die Wiener Polizei am 11. Februar 1815. Und weiter am 29. Mai „… beim Abschied von der gräflichen Familie hat (der König) wie ein Kind geweint.“ 
Während seines Aufenthaltes in Paris im Herbst 1815 verliebte er sich in die gerade sechzehn Jahre alte Gräfin Georgine Dillon. Er wollte sie zu seiner Gemahlin „erhöhen“, und zwar zur „linken Hand.“ Die Hofgesellschaft war entsetzt. Der verhasste Erbfeind Frankreich war besiegt und der König wollte nun eine Französin heiraten. Er musste diesen Wunsch aufgeben. Zur Erinnerung an diese fast dreißig Jahre jüngere Französin ließ der liebeskranke König sich als Ersatz einen Wandschirm mit allen Theaterzetteln der Vorstellungen bekleben, in denen er der Gräfin Dillon begegnet war. Diese Reliquie seiner verlorenen Liebe stand bis zu seiner Todesstunde an seinem Bett.
Die nächste Liebe Friedrich Wilhelms III. war Helmine Lanzendorf. Sie war die Pflegetochter der Gräfin Lucie von Pappenheim, einer Tochter des Staatskanzlers Fürst Karl August von Hardenberg. Helmine Lanzendorf war angeblich die Tochter des Pappenheimischen Kutschers. Doch der Hof munkelte, dass es die leibliche Tochter der Gräfin war. Der Vater sollte der schwedische Kronprinz, der französische Marschall Bernadotte, gewesen sein. Er wurde 1818 als Karl XIV. König von Schweden. 
Für Helmine fasste der König eine wahre Leidenschaft. Sie wurde dadurch bei Hofe und in der Gesellschaft wie eine der ersten Damen behandelt. Friedrich Wilhelm III. dachte ernsthaft daran, die angebliche Kutscherstochter zu heiraten. Er wollte sie zur Herzogin von Breslau erheben. Fürst Hardenberg eröffnete dem König, dass er zurücktreten würde, würde der König die Pflegetochter seiner Tochter heiraten. Auch Helmine blieb dem König gegenüber kalt. Pikanterweise heiratete ihre Mutter den zehn Jahre jüngeren Fürsten Pückler-Muskau, der aber leidenschaftlich in deren Pflegetochter verliebt war. Diese heiratete einen armen Leutnant v. Blücher, nachdem der König sie auf Bitten ihrer Schwester geadelt hatte. Trotzdem ging das Gerücht um, dass es zwischen dem Fürsten Pückler, seiner Ehefrau Lucie und deren Pflegetochter Helmine ein ständig am Zuchthaus vorbeischrammendes Dreiecksverhältnis gegeben haben sollte. Die nächste Errungenschaft Friedrich Wilhelms III. war ein Fräulein von Brandenstein. Sie war die Tochter eines Staatsministers des Großherzogs von Mecklenburg-Strelitz, dem Schwager des Königs. Der König hatte mit ihr im Briefwechsel gestanden. Sie nahm sich heraus, ihn „Lieber Fritz“ zu nennen. „Deutlich zu sehen, dass sie eine dumme Pute ist. Kann nur wieder hingehen, woher sie gekommen ist“, war die Meinung der preußischen Majestät.
Trotz aller dieser Misserfolge in Liebesangelegenheiten, ließ der König von seinen morganatischen Heiratsabsichten nicht ab. So war es dann 1824, dass er sich die dreißig Jahre jüngere Gräfin Auguste von Harrach als Gemahlin „zur linken Hand“ erkor. Er erhob sie zur Fürstin von Liegnitz und Gräfin von Hohenzollern. Die junge Frau hatte in den ersten Jahren am Hofe sehr unter ihrer „niederen Herkunft“ zu leiden. Im Laufe der Jahrzehnte, die sie mit dem König verheiratet war, erwarb sie sich durch Freundlichkeit und Bescheidenheit die Achtung der Hofgesellschaft. Friedrich August Ludwig von der Marwitz, ein konservativer preußischer Junker, der am Hofe das Leben beobachtete und aus seiner Sicht kritisch begutachtete, sagte dazu: „Die Ehe des Königs ging gut. Die Fürstin von Liegnitz war eine verständige und anspruchslose Person, die sich ganz in ihn zu finden wusste – ein ungeheures Glück für ihn! – und vorzüglich, seit er im Dezember 1826 das Bein gebrochen und sie ihn sehr gut gepflegt hatte, lebte er aufs Beste mit ihr und war so heiter und freundlich gegen alle Welt, wie man ihn lange nicht gesehen hatte.“ Die Fürstin von Liegnitz überlebte ihren Gemahl 33 Jahre.
Aufzeichnungen für diesen Abschnitt des Lebens von Friedrich Wilhelm III. findet man in Aufzeichnungen des Königs selbst, bei Friedrich August Ludwig von der Marwitz, in der Allgemeinen deutschen Biografie, Band XXIV, und bei Rahel Varnhagen von Ense sowie in neuerer Zeit bei Paul und Gisela Habermann.
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