Helmut Augustiniak
Die Fürsten zu Anhalt in Ketzin

Ketzin, jahrhundertelang im Besitz der Bischöfe von Brandenburg bzw. des Amtes Ziesar, kann sich nicht mit dem Vorhandensein eines Herrensitzes oder eines anderen bemerkenswerten Bauwerkes schmücken. Auch die evangelische Kirche überschreitet von ihrer historischen Bedeutung her nicht den Durchschnitt sakraler Bauwerke in der Mark Brandenburg. Aber irgend etwas muß doch die Stadt Ketzin auch in ihrer Vergangenheit  haben, was sie von anderen Städten unterscheidet. Da stößt der kundige Heimatforscher auf zwei Urkunden aus den Jahren1552 (Domarchiv Brandenburg) und 1554 (Geheimes Preußisches Staatsarchiv Berlin – Dahlem). Der Bischof Joachim von Brandenburg schreibt an das Domstift: „ V.G.G. Joachim, Bischoff zue Brandenburgk, Hertzogk zu Munsterbergk, -  ......  – vnd souill die Fischerey mitt dem Strohgarn, so die Hochgeborne fursten Vnsere freundliche liebe Jungen Vettern die Fursten  von Anhalt etc. zue Ketzin, do sie itziger zeitt furm sterben jhre enthaltung haben, ....... . Er schreibt dann weiter, daß die Fürsten nicht lange in Ketzin sein werden, die Fischerei auch nicht sehr „hart“ betreiben werden und nur wenige Leute bei sich haben. Nun scheint sich der Bischof aber geirrt zu haben, was die Zeit des Aufenthalts betrifft. Wenn man  von den Urkunden ausgeht, sitzen die Fürsten zwei Jahre später noch immer in Ketzin und der Bischof ist genötigt, ihnen durch eine Urkunde von 1554 das Fischereirecht weiter zu bestätigen: „  ...  das S. L. vnser behausung im stiefft Brandemburgk keczin gnant. Denselben vnsern vettern haben eingethan vnnd sich I. L. an fischerei doselbst nit haben enthalten mugen.“

     

Weitere Zeugnisse über den Aufenthalt der Fürsten sind nicht bekannt. Das Landeshauptarchiv Sachsen – Anhalt schreibt auf unsere Nachfrage, daß „in den einschlägigen Beständen des hiesigen Archivs und in der vorhandenen Literatur zur anhaltinischen Geschichte ...... sich bisher leider kein Hinweis auf einen Aufenthalt anhaltinischer Fürsten in Ketzin (fand)“. Schade! Vielleicht hätte man von dem gegenwärtig adelshungrigen Touristenstrom, der Paretz überflutet, ein kleines Rinnsal nach Ketzin lenken können. In den Jahren 1550 bis 1552 herrschte eine Pestseuche in Anhalt. Zum Schutz vor einer Infektion brachte Fürst Johann  IV. von Anhalt (1504 – 1551) bereits im Jahre 1550 seine Töchter Maria  und Elisabeth  in das Stift Gernrode.

Johann starb im Jahre 1551, als die Pest ihren Höhepunkt im Anhaltinischen erreichte. Die Vormundschaft über seine unmündigen Kinder übernahmen seine Brüder Georg III. (1507 – 1553) und Joachim (1509 – 1561). Georg III. war ab 1545 Bischof in Merseburg und weilte daher außer Landes. Joachim regierte ab 1546 im Dessauer Anteil des anhaltinischen Fürstentums. Er sorgte dafür, daß die „junge Herrschaft“  wegen der Pestgefahr das Land verließ. Der älteste Sohn Johannes IV., Karl  hielt sich zu diesem Zeitpunkt bereits am Hof seines Onkels, des Kurfürsten Joachim II. zu Brandenburg, auf. Seine Brüder  Joachim Ernst und Bernhardt folgten ihm vermutlich vor 1552 dorthin. Die Erklärung dazu, warum die Abkömmlinge eines regierenden Fürsten gerade in Ketzin, einem kleinem unbedeutendem Fischerstädtchen residierten, bleibt im Dunkeln

     

Ketzin bestand in diesen Jahren aus ca.100 Fischer- und Handwerkerhäusern, die mit Stroh oder Schilfrohr gedeckt waren. Die Wege zwischen den Häusern waren nicht gepflastert. Wenn es regnete, waren sie so aufgeweicht und morastig,  daß die Fußbekleidung darin stecken blieb. Die Fürstenkinder hätten hier wie in der Verbannung gelebt.  Traut man einem Bischof  zu, seine „lieben Vettern“ völlig zu isolieren ? Die Abkömmlinge des Fürsten von Anhalt kamen aus einer verseuchten Gegend, in der die Pest sehr viele Menschen dahin raffte. Selbst der Vater der Prinzen starb in dieser Zeit. Der Landesherr und auch der Bischof von Brandenburg werden sich gesagt haben, daß ihnen durch die Ankunft der Prinzen die Gefahr der Ansteckung drohen könnte und schickten sie deshalb in das recht isoliert liegende Ketzin. 1930 analysierte der Regierungsassessor  von Derschau in seinem Artikel „Die Fischereirechte des Domkapitels Brandenburg“ die Rechtslage  auf diesem Gebiet im Bistum. Auch er schreibt: „Die Rechte des Kapitels wurden in den Ketziner Gewässern noch beengt durch eine Zuhrgerechtigkeit, die im Jahre 1552 den Fürsten von Anhalt  in Ziesar  gewährt wurde, ..... . (1933 kauften die Ketziner Fischer dieses Recht vom Amt Fahrland).

Wollen wir wirklich klären, ob die Fürsten von Anhalt in Ketzin residierten, können sich eventuell Hinweise aus der Korrespondenz zwischen dem brandenburgischen und anhaltinischen Fürstenhäusern aus dieser Zeit ergeben. Der Briefwechsel befindet sich im Landeshauptarchiv Sachsen – Anhalt. Bevor dort geforscht wird, genügen den Ketzinern erst mal die Hohenzollern in Paretz.

 

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