Helmut Augustiniak
Wintergäste auf der Havel

Mit dieser Zeichnung illustrierte Pfarrer Schmidt seinen Beitrag im "Heimatkalender für das Osthavelland"
Der Pfarrer Johannes Schmidt, der von 1906 bis 1924 in Ketzin/Havel sein Amt versah, war ein vielseitig interessierter Heimatforscher. Neben einer großen Sammlung prähistorischer Fundstücke,interessierte er sich auch für die Tierwelt in und um Ketzin/Havel.
Vor hundert Jahren zählte er u. a. in einem Artikel im „Heimatkalender für das Osthavelland“ die Vogelarten auf, die auf der Ketziner Havel überwinterten. Interessant ist der Vergleich: hat sich in den vergangenen hundert Jahren die Artenvielfalt verändert?
Zu Beginn des 20. Jahrhunderts war die Ketziner Havelpromenade noch recht naturbelassen. Das Ufer war noch nicht befestigt und der Schilfgürtel wurde nur von den Liegeplätzen der Fischerkähne unterbrochen. Lastkähne wurden von Schleppdampfern zu ihren Liegeplätzen neben den Ziegeleien und der Zuckerfabrik gezogen, Ausflugsboote gab es wenige. Im Winter, wenn der Fluss zugefroren war, ruhte der Schiffsverkehr. Die Stille wurde nur von den Rufen der Schlittschuhläufer und Piekschlittenfahrer unterbrochen.
Diese Gegebenheiten waren für den Lebensraum zahlreicher Vogelarten gut geeignet. 
Als Kenner der Vogelwelt an der Ketziner Havel haben der Direktor des Potsdamer Naturkunde Museums Dr. Detlef Knuth und der Ketziner Diplom-Biologe Maik Jurke die von Pfarrer Johannes Schmidt aufgeführten Vogelarten mit dem heutigen Vorkommen verglichen.
Häufig kommen,wie vor hundert Jahren, die Kohlmeise, die Blaumeise und die Stockente vor. Einige Namen für die Vogelarten haben sich verändert. Nannte man damals als oft zu sehenden Vogel den Rohrsperling,so ist heute damit der Drosselrohrsänger gemeint. Ebenso verhält es sich mit dem Schwarzen Wasserhuhn, auch Lietze genannt, die heute den Namen Blessralle trägt. Selten anzutreffen sind Sumpfmeise,die Tafelente, die Knäkente, das Grünfüßige Teichhuhn und die Schellente. Keinen Nachweis gibt es in der Umgebung von Ketzin für die von Schmidt genannte Zwergdommel. Da es sich hier aber um eine sehr heimliche Art handelt, kann sie leicht übersehen werden. Selten wird auch der Zwergtaucher an der Havel gesehen. Er brütet vor allen Dingen an den Teichen und Söllen in der Ketziner Feldmark. Ebenso verhält es sich mit dem Grauhalsigen Taucher, der den Ornithologen heute als Rothalstaucher bekannt ist. Von ihnen wurden keine Exemplare mehr auf der Havel gesichtet.
Stockenten, Blessrallen und Schwäne sind heutzutage häufig zu sehen
Unternimmt man gegenwärtig einen Spaziergang über die Havelpromenade, sieht man zwischen all den kleineren Wasservögeln die großen weißen Höckerschwäne. Sie kommen mit ihrem Nachwuchs und sind ebenso an der Fütterung durch die Spaziergänger interessiert, wie alle anderen Vogelarten. Die Nester dieser großen Vögel befinden sich in den nahen Erdlöchern in der Umgebung von Ketzin/Havel
In hundert Jahren hat sich die Vogelwelt auf der Ketziner Havel kaum verändert. Der Schiffs- und Bootsverkehr hat zugenommen und ist geräuschvoller geworden, aber die Artenvielfalt und auch die Anzahl der Vögel wurde dadurch kaum beeinträchtigt. Nach Ansicht von Maik Jurke, der sich sehr im Naturschutzbund engagiert, kann sich das mit dem ständig wachsenden Tourismus auf der Havel ändern. Die Lebensräume der Tiere sind gefährdet. 
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